Gott schreibt seine Geschichte
Autor: Amelie Rick | 08.10.2024
Egal, wohin wir in der Bibel auch blicken: Überall finden wir Menschen, die Gott auserwählt hat, um mit ihnen Seine große Geschichte zu schreiben. Und überall finden wir die gleichen Menschen, die Fehler gemacht haben, egal ob bewusst oder unbewusst. Weil sie eben nicht Gott sind, sondern? Richtig! Mensch.
Lesen wir den eingangs einfach so dahingeschriebenen Satz dann noch einmal und lassen ihn uns mit dem Bewusstsein durch den Kopf gehen, dass Gott etwas Fehlerhaftes erwählt hat, um damit Seine Ewigkeitsgeschichte zu erzählen, kann einen das schon irritieren. Und das tut es auch, wenn man sich einmal etwas genauer mit ein paar namenhaften Gestalten aus der Bibel beschäftigt. Oft lesen wir ihre Entwicklung vom Ende her: Abraham hatte einen großen Glauben und wurde Freund Gottes genannt. Jakob war ein gesegneter und reicher Mann. Aus seinen Nachkommen mit Lea ging irgendwann Jesus hervor. Mose führte das Volk Israel aus der Sklaverei. Rahab spielte eine entscheidende Rolle bei der Geschichte des Jerichoer Mauerfalls. David hatte eine große Offenbarung über die Gegenwart Gottes und schrieb die Psalmen, die uns heute noch Trost und Kraft spenden. Elia war ein wichtiger Prophet, der das Volk Israel an seinen Gott erinnerte und Seine Kraft auf wortwörtlich wunderbare Weise selbst erlebte und für andere sichtbar machte. Auf Petrus baute Gott Seine Gemeinde. Paulus schrieb bedeutende Bücher in der Bibel, die uns Gläubigen von heute Gottes Wesen und Denken näherbringen. Und, und, und… Wir kennen sie wohl alle, diese Helden-Geschichten.
Doch lesen wir sie vom Anfang her, stellen wir uns dann doch die ein oder andere Frage: Wie konnte Gott Abraham so viele Nachkommen schenken, wenn er doch offensichtlich steinalt war und den Zenit der Zeugungsfähigkeit bei weitem überschritten hatte? Oder wie konnte Gott Jakob so überaus segnen, wenn dieser sich seinen Reichtum doch erlogen und ergaunert hatte? Und wie konnte er ihn dann auch noch damit belohnen, dass er und seine (hässliche) Frau Lea zu den Vorfahren Jesu wurden? Oder wie konnte Gott einen Menschen erwählen, Sein Volk aus Ägypten zu führen, wenn dieser nicht mal zwei Sätze geradeaus sprechen konnte, weil er stotterte? Dass der heilige Herr der Heerscharen dann auch noch einer Hure eine der Hauptrollen in der Geschichte des Mauerfalls in Jericho gab, wirft ebenfalls Fragezeichen auf. Ebenso der Fakt, dass wir heute Lieder eines Mörders und Ehebrechers als wichtige Eckpfeiler unseres Gottesbildes bezeichnen und diese sogar beten und singen. Und wie um alles in der Welt konnte Gott einen Mann, der fast am Leben verzweifelte und Selbstmordgedanken hatte, dafür auserwählen, Könige zu beraten und somit das Geschick tausender Menschen zu beeinflussen? Und als wäre das nicht genug, erwählte Er dann auch noch den Verräter Petrus und den Christenverfolger Saulus dazu, die Grundfesten der heutigen Kirchengemeinden zu legen. Wir könnten diese Frageliste nun noch ziemlich lange weiterschreiben, doch wir wollen nicht bei ihr stehenbleiben.
Sondern einmal die Perspektive wechseln. Indem wir unseren Fokus nun für einen Augenblick auf unser eigenes Leben richten. Und wenn wir da einmal so richtig ehrlich mit uns sind, könnten wir uns eigentlich auch gleich mit in die eben begonnene Versagerliste eintragen. Willkommen im Club, Du Schüchterne, Du Hochstapler, Du Kleingläubige, Du Zweifler, Du Betrüger, Du Faule, Du… Nichtsnutz! Doch bevor wir hier weitermachen können, setzt Gott Sein großes Stoppschild mitten in unseren Gedankenstrom.
Langsam kniet Er sich zu uns nieder, hebt unser Kinn liebevoll an und hilft uns, durch Seinen gnädigen Blick für einen winzigen Moment in Seine Augen zu schauen. Und was wir dort sehen, überwältigt uns: Wie ein Film laufen die Bilder der Kreuzigung Jesu in ihnen ab. Die Kreuzigung dieses einen, einzigen Menschen, der ausnahmsweise mal perfekt war. Die Kreuzigung dessen, der für uns und all die eben genannten namenhaften Bibelgestalten so sehr gelitten hat, dass Sein Körper noch nicht mal mehr zu erkennen war. “So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen einzigen Sohn gab, damit wir nicht verloren gehen. (Joh. 3; 16)” Wir können diese plastischen Bilder kaum ertragen. Vor allem nicht, dass sie uns gelten sollen. Am liebsten würden wir in den Film hineinspringen, Ihm das Kreuz abnehmen, Ihn anflehen, es nicht für uns zu tun. Doch das würde nichts nützen. Denn Er hat es bereits getan. Und hatte es von Anfang an im Sinn. Weil Er mit denen, die waren, mit denen, die sind, und mit denen, die kommen werden, einen Plan hat. Einen Plan, den wir im letzten Buch der Bibel lesen, aber nicht bis ins Detail kennen können. Und für diesen Plan braucht Er uns. Uns Menschen. Deswegen gab Er jedem von uns seine Talente, Charaktereigenschaften und Träume. Er selbst schrieb sie in unser Herz, weil Er von Anfang an etwas damit etwas vorhatte. Alles, was wir tun müssen?
Es unseren Vorvätern gleichtun: Uns von Ihm in all unserer Begrenzung und Fehlerhaftigkeit, in all unseren Gaben und Neigungen gebrauchen lassen. In allen noch so kleinen und großen Dingen des Alltags. Immer mit dem Vertrauen im Herzen, dass Er Seine gnädige Geschichte mit uns und unserer scheinbar selbstzerstörerischen Welt schreiben wird. Weil sie bereits niedergeschrieben ist, ihr Ende kennt und sich und ihrem Gott treu bleibt. Weil Er selbst gnädige Treue ist.