Philippus-Dienst e.v.

Yad b‘ Yad 2.0| 07.12.2022

Wir haben die Geschäftsführerin des Philippus-Dienstes, Susanne Wustl, zu ihrem Projekt „Yad b‘ Yad 2.0“ interviewt und wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen:

Liebe Susanne, was ist der Philippus-Dienst?

Der Philippus-Dienst ist ein christlich-jüdischer Hilfs- und Versöhnungsdienst und wurde 1998 von den Ehepaaren Häselbarth und Wustl gegründet. Unser Grundanliegen ist es, Gemeinden in Israel in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Dies ist bis heute unser Kerngeschäft, hat sich jedoch in den letzten 25 Jahren stark weiterentwickelt.

So führen wir jedes Jahr zwei Formate für Begegnung durch:

Yad b’Yad für 16- bis 19-jährige

Yad b’Yad 2.0 für junge Erwachsene von 20- bis 30- Jahren.

Außerdem biete ich einmal im Jahr eine Israelreise für Multiplikatoren an. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, die lebendigen Steine kennenzulernen, also arabische Christen und messianische Juden.

Die Stiftung Bildung.Werte.Leben unterstützt das Projekt „Yad b’Yad 2.0“ des Philippus-Dienstes. Um was genau geht es bei diesem Projekt?

2015 brach eine große Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten nach Deutschland herein. Ich lebe in Freilassing direkt an der österreichischen Grenze. Dort kamen im August 2015 Tausende von Geflüchteten- meist Moslems –  über die sog. Balkanroute in unserer Kleinstadt an. Es war offensichtlich, dass dieses Geschehen bald ganz Deutschland/Europa verändern würde. Während wir als AGAPE Gemeinde sehr mit praktischer Hilfeleistung beschäftigt waren, stellte ich mir und Gott die Frage: „Was können wir als PHILIPPUS-DIENST e.V. tun?“ Sofort hörte ich eine Antwort: „Tu, was du immer getan hast.“

Wir sind stark in der Versöhnung zwischen Arabern und Juden und Juden und Deutschen engagiert. So gebar die Idee, junge Erwachsene aus Israel und den Palästinensergebieten einzuladen und gemeinsam die Liebe Gottes zu verkündigen. 2016 waren wir in den Straßen Berlins unterwegs und erzählten den Passanten, dass Frieden tatsächlich lebbar ist, wenn wir mit Gott versöhnt sind.

Interessant war die Reaktion von vielen Berlinern: „Solche Gruppen wie euch bräuchten wir viel mehr, dann würde es in unserer Stadt anders aussehen.“

 

Gibt es eine Begegnung oder ein Erlebnis, das Dir vom letzten „Yad b’Yad 2.0“ nachhaltig in Erinnerung geblieben ist?

Ja, das gibt es tatsächlich. Wir standen auf dem Jakobsplatz in Nürnberg und sangen arabische, hebräische und deutsche Lieder. Zwischendurch gaben etliche Teilnehmer ein kurzes Zeugnis. Wir kamen mit den Passanten ins Gespräch und durch die Vielfalt in unserer Gruppe konnten wir auf Deutsch, Englisch, Hebräisch, Amharisch, Arabisch und Russisch kommunizieren. Das fühlte sich an wie zu Zeiten, wie sie in der Apostelgeschichte 2 beschrieben werden. Etliche aus unserer Gruppe stammen aus Jerusalem, sodass wir tatsächlich so ein Feeling bekamen, wie es in der Bibel zu Pfingsten beschrieben wird. Das war unglaublich beeindruckend zu sehen, was alles geschieht, wenn wir aus solch verschiedenen Hintergründen in Einheit zusammenkommen.

 

Was berichten die Teilnehmenden, was ihnen das „Yad b’Yad 2.0“ gebracht hat?

Wir waren insgesamt 27 Teilnehmer und jeder hat sicher seine eigene, ganz persönliche Geschichte erlebt.

Persönlich hat mich berührt, als eine junge Frau, die in Bethlehem geboren und aufgewachsen ist, erwähnte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit Juden zusammenkam. Bisher kannte sie nur jüdische Soldaten, die am Check Point kontrollieren und Waffen auf die Palästinenser richten. Das Erlebnis, dass Juden auch Geschwister im gemeinsamen Glauben sind, wird nun die Wahrnehmung dieser jungen Frau (und auch der anderen Palästinenser) über Juden prägen. Man muss dazu verstehen, dass Bethlehem und Jerusalem nur 5 Kilometer Luftlinie auseinander liegen. Doch es gibt keine Genehmigung für Palästinenser nach Israel zu kommen und umgekehrt ist es Israelis untersagt, in die Palästinensergebiete zu gehen. Ein ungezwungenes Kennenlernen ist damit eigentlich nur im Ausland möglich.

 

Was wünschst Du Dir für die Zukunft des Philippus-Dienstes?

In den 25 Jahren seit Bestehen des Philippus-Dienstes haben wir uns einen sehr guten Ruf erworben, sowohl in Deutschland als auch in Israel und den Palästinensergebieten. Es ist manchmal wie ein Ritt auf Messers Schneide und kein einfacher Weg, auf beiden Seiten für einen so langen Zeitraum gleichwertig unterwegs und respektiert zu sein. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass diese Anerkennung und das Vertrauen, das wir bei arabischen, jüdischen und deutschen Gläubigen genießen,  nicht verspielt, sondern sogar ausgebaut werden kann.

 

Wie empfindest Du die Zusammenarbeit mit der Stiftung Bildung.Werte.Leben?

Die Zusammenarbeit mit der Stiftung empfinde ich als ausgesprochen wohltuend. Es ist eine Begegnung auf Augenhöhe und nicht, wie so häufig, als Empfangender und Geber. Es ist ein freundschaftliches Miteinander, in dem ich ein echtes Interesse an der Geschichte des anderen wahrnehme. Diese Wertschätzung, die man deutlich spüren kann,  spornt mich an, weiterhin Reich Gottes zu bauen: in Israel, in Deutschland und wo auch immer unsere Wege hingehen.

Susanne Wustl, Oktober 22